Meine „Haushaltsrede“

Da ich ja durch keine Fraktionen und ihre Sprecher vertreten werde, habe ich zum zweiten Mal eine Art „Haushaltsrede“ zum Haushaltsentwurf 2022 gehalten.

Um die in der Rede angesprochenen Punkte zu verstehen: Der Haushalt plant ein Minus von 3,8 Millionen ein und senkt dafür die Kreisumlage um 0,5% (also den Beitrag, den die Kommunen an den Kreis von ihren Steuereinnahmen abführen müssen), um die klammen und oft fast zahlungsunfähigen Kommunen zu entlasten – eine Übersicht der Haushaltssituationen der Kommunen gibt es hier -, es werden aber weiter steigende Einnahmen durch die Grundsteuer erwartet, da auf ein weiteres Ansteigen der Grundstückspreise gesetzt wird.
Im Sozialhaushalt wurde im letzten Jahr „solidarischer Sparbeitrag“ der Sozialhilfeträger für das Jahr 2021 beschlossen, der schlimme Auswirkungen hatte bzw. hat.

Sehr geehrte Frau Landrätin Dammann
Sehr geehrte Kreistagskollegen
Sehr geehrte Mitarbeiter der Verwaltung und Gäste

Mit der geplanten Unterdeckung unseres Haushaltes leben wir auf Kosten der Zukunft, das strukturelle Defizit wird nicht beseitigt, sondern immer weiter vorgetragen, so dass es sich wie eine Bugwelle auftürmt, die dann von den zukünftigen Generationen abgetragen werden muss. Was geschieht, wenn die Zinsen steigen, mag man sich garnicht ausmalen. Dabei basiert dieses Defizit schon auf einer sehr optimistischen Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung und auf einer Steigerung der Steuerkraftsumme von 1.592 auf 1.694 € pro Einwohner. Und das bei den bekannten Risiken …

Dass die Kommunen durch die einmalige Senkung der Kreisumlage um 0,5% signifikant und nachhaltig entlastet werden, ist ein frommer Wunsch, denn die Hauptlast des wirtschaftlichen Niedergangs liegt ja dauerhaft bei ihnen.
Diese Entlastung, die ja nominell nur eine verminderte Zusatzbelastung ist, wird nicht ausreichen, um die kommunale Daseinsvorsorge dauerhaft auf einem angemessenen Niveau zu halten – Leidtragende sind wieder die es schon Bedürftigen.

Solidarität wird eingefordert, vor allem von den Menschen, die sich nicht wehren können. Für dieses Jahr haben wir den Sozialhaushalt zusammengestrichen, im nächsten Jahr soll er bei den meisten Trägern wieder bei dem Niveau von 2020 liegen. In der Zwischenzeit gab es aber nicht nur eine Inflation von über 5%, die sich in 2022 noch steigern wird, sondern auch einen Gehaltszuschlag im öffentlichen Dienst von 1,4% in 2021, im April 2022 kommen noch 1,8% dazu, die von allen Mitarbeitern inclusive Führungsspitze im Landratsamt und in den Kommunen natürlich gerne mitgenommen wurden. Dass aus dieser Perspektive bei den meisten Trägern die Werte von 2020 für 2022 einfach übernommen werden, zeigt ein seltsames Verständnis von Solidarität – da helfen auch die versprochenen Dynamisierungen nichts, denn wie verlässlich die Versprechungen des Landratsamtes sind, das haben die Träger der Sozialhilfe ja gerade schmerzlich erleben müssen – und mit ihnen alle Menschen, die auf deren Leistungen angewiesen sind.

Es wäre ein niedriger fünfstelliger Betrag gewesen, wenn bei allen Zahlungen an die Träger der Sozialhilfe die beiden Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst berücksichtigt worden wären. Dass dies nicht gemacht wurde, zeigt vor allem eine seltsame Denkweise in der Verwaltung, dass man anderen das nicht zugesteht, was man selber wie selbstverständlich in Anspruch nimmt.

Gleichzeitig werden immer neue Verwaltungsstellen geschaffen und damit das strukturelle Defizit vergrößert.

Das wäre ja alles finanzierbar, wenn wir eine florierende Wirtschaft hätten, aber seit fast zwei Jahre wird die Wirtschaft auch in unserem Landkreis systematisch zerstört. Durch immer irrsinnigere Auflagen, Beschränkungen, Verbote und Regeln greift eine korrupte Regierung und das Landratsamt als ihr gehorsamer Gehilfe immer tiefer in die Grundrechte der Menschen ein. Dass diese Korruption mit einem neuen Kanzler, der durch seine engen Beziehungen zu Cum-Ex-Betrügern bekannt ist, besser wird, ist erstmal ein frommer Wunsch.

Aus Angst vor dem Sterben begehen wir Selbstmord – so könnte man das Vorgehen in den letzten knapp zwei Jahren kurz zusammenfassen. Dabei werder die Schäden jeden Tag größer und wir werden Jahrzehnte benötigen, um sie wieder zu beseitigen – die Kinder und Jugendlichen werden je nach Elternhaus mit schwerwiegenden Traumata leben müssen. Die Erhöhung des Sozialhaushaltes von 553 auf 593 € pro Einwohner ist da erst der Anfang, wir müssen hier mit weiteren massiven Steigerungen rechnen um das angerichtete Elend aufzufangen.

Gleichzeitig werden für die weitere Gesundheitsüberwachung der Menschen in unserem Landkreis 4,5 Stellen neu geschaffen – Stellen, die in keinster Weise produktiv sind und Leid lindern, sondern eher neues Leid schaffen. Wo sind die Stellen, die Eltern helfen ihre Kinder gesund zu ernähren? Die Eltern helfen mit spielsüchtigen Kindern umzugehen und die massiven Lücken und Störungen aufarbeiten, die die Pandemie geschaffen hat? Die arbeitslos gewordenen Menschen helfen, ihren Tag zu strukturieren und die Hoffnung nicht zu verlieren? Diese und weitere, in den letzten beiden Jahren massiv angestiegenen Probleme werden bei den Trägern der Sozialhilfe abgeladen, denen der notwendige Mittelzuwachs aber verwehrt bleiben wird.

Unser Haushalt hat außerdem Elemente des Schröpfens von Leistungsträgern. Wer zahlt die immer weiter steigenden Grundstückspreise? Es sind doch die Menschen, die sich noch ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung leisten können, und indirekt auch die Mieter.

Gleichzeitig werden die Grundlagen unserer Zukunft vernachlässigt. Investitionen in den Wald, in die Bodenfruchtbarkeit, in Umwelt- und Naturschutz? Fehlanzeige.

Es bleibt als Fazit, dass wir hier einen Haushalt verabschieden, der massiv auf dem Prinzip Hoffnung gebaut ist. Und das bei einer gesellschaftlichen Situation, die der Ideologie der Angst folgt. Ich wünsche uns allen viel Hoffnung und ein Verschwinden der Angst.

Danke.

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