Die verlogene Solidarität der SPD und ein Tumult im Kreistag

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Die alte Dame SPD trägt stolz die beiden Attribute „sozial“ und „demokratisch“ in ihrem Namen. Im Kreis Lörrach ist davon aber wenig zu merken.

Im Sozialausschus war es fast körperlich zu spüren, wie sich die Mitglieder der SPD Fraktion hin und her drehten um die geforderten 600.000 € aus dem Sozial- und Jugendhilfeetat des Landkreises zu streichen. Zugegeben, die anderen Parteien haben es auch nicht anders gemacht, aber sie haben ja auch nicht den Anspruch, „sozial“ zu sein und zu denken.

Trotzdem kam der einzig sinnvolle Vorschlag von der CDU, nicht konsequent, sondern halbherzig, aber immerhin. Sie schlug vor, bei den Trägern der Suchthilfe nicht 10%, sondern nur 5% zu kürzen – was dann auch so angenommen wurde.

An der Kreistagssitzung vesuchten die Grünen noch, den dringend nötigen Hauskauf des Frauenhauses in Lörrach zu retten – der wird komplett vom Land bezahlt, der Kreis muss nur die Zahlung der Betriebskosten garantieren (die aber auf die Fälle umgerechnet werden, und wenn Frauen aus dem Landkreis Lörrach in einem anderen Frauenhaus unterkommen, trotzdem vom Landkreis bezahlt werden müssen – eigentlich ein Nullsummenspiel). Trotzdem stimmten die anderen Parteien dem nicht zu, das Haus wird wohl einen anderen Käufer finden.

Konstruktive soziale Beiträge der SPD? Fehlanzeige.

Bei der vorhergehenden Sozialausschuss-Debatte um Streichungen im Sozialhaushalt meinte dann Oberbürgermeister Lutz, ausgestattet mit einem satten sechsstelligen Jahresgehalt auf Kosten der Steuerzahler, dass er sich auf eine „Metaebene“ begeben müsse, um den Streichungen zuzustimmen. Ich interpretiere es dahingehend, dass er ja schon irgendwie die Diskrepanz zwischen seinem sechsstelligen Gehalt und den vierstelligen Summen fühlt, die er da rausstreicht, wohl wissend, dass dort viel Schaden und viel Leid entsteht, wenn diese Mittel nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Und ja, Herr Lutz, selber nimmt man natürlich gerne die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst von 1,4% im April 2021 mit (bei Ihnen dann ein Plus von ca. 1.500 € pro Jahr), streicht aber bei Mitteln von Menschen, die im Jahr so viel verdienen wie Sie selber im Quartal und für dieses Geld tagtäglich Menschen betreuen, denen es wirklich dreckig geht.

Als es bei der Kreistagssitzung am 18.11. dann um die Streichungen im Sozialhaushalt ging, habe ich das auch so angesprochen. Es gab tumultigen Protest. Herr Lutz verwehrte sich – etwas durcheinander – gegen diesen Vergleich. Aber: Getroffene Hunde bellen, sagt man so schön.

Der Protest wurde dann noch größer, als ich als Gegenfinanzierung für die Aufhebung aller Streichungen im Sozial- und Jugendbereich vorgeschlagen habe, dass doch alle Anwesenden im Saale, insbesondere also die Frau Landrätin und ihre Dezernenten, aber auch die Damen und Herren erste Beigeordnete, Bürgermeister und Oberbürgermeister, die über 60.000 € Jahresehalt aus Steuergeldern beziehen, auf den über 60.000 € hinausgehenden Anteil verzichten sollten. Das würde mehr als die Einsparsumme von 600.000 € ergeben. Und mit einem Jahresgehalt von 60.000 € bzw. 5.000 € brutto im Monat gehört man immer noch zu den 10% Bestverdienenden in Deutschland, man ist also nicht arm, noch nicht einmal armutsgefährdet. Aber man wäre reich an wirklicher Solidarität.

Wie gesagt, die Antwort waren tumultige und empörte Zwischenrufe. Die AfD gab zu Protokoll, dass dieser Vorschlag doch Sozialismus sei und man sich dagegen verwehren würde.

Und so erhalten die Damen und Herren auf den weichen Sesseln also im April ein Gehaltsplus von 1,4%, während sie folgende Kürzungen beschlossen haben, unter anderem:

Für das Diakonische Werk für die Tagesstätten in Rheinfelden, Lörrach und Schopfheim: keine Dynamisierung (Gehaltsanpassung nach TVöD) und Kürzung der Mittel um 10%. Die Senioren und psychisch kranken Menschen müssen sich nun also mit kürzeren Öffnungszeiten und weniger Betreuung zufriedengeben oder können weniger Projekte durchführen – dies sind die Dinge, die das Leben für Menschen lebenswert machen!

Für die Familienunterstützenden Dienste des St- Josefhauses, Leben&Wohnen sowie der Lebenshilfe: Kürzung der Mittel um 10%. Familien können so nicht mehr so umfassend wie bisher betreut werden, wo doch gerade in der Corona-Zeit die Betreuung von gefährdeten Familien eigentlich ausgeweitet werden müsste.

Der AGJ-Fachberatung, die sich um die Obdachlosen kümmert, wird die eigentich vereinbarte Tariferhöhung analog TVöD gestrichen, auch die Sachkosten werden – trotz steigender Lebenshaltungskosten – nicht erhöht. So wird also der Betrieb der Notschlafstelle für Obdachlose eingeschränkt – vielleich dürfen die dann ja bei Herrn Lutz oder bei Familie Dammann im Gästezimmer übernachten?

Die Arbeiterwohlfahrt Lörrach, das Diakonische Werk Lörrach, der DRK Kreisverein Lörrach, Der Paritätische Wohlfahrtsverband BW und der Caritasverband Lörrach erhalten für ihre freie Wohlfahrtspflege ebenfalls keine Dynamisierung (Gehaltsanpassung nach TVöD) und ihnen werden die Mittel um 10% gekürzt. Das betrifft u.a. auch hier familienunterstützende Dienste und Berufsvorbereitung für Menschen, die es sehr schwer im Leben haben.

Für die Demenzberatung der Caritas Lörrach entfällt das vereinbarte Gehaltsplus laut TVöD um 1,4%.

Dem Kreisseniorenrat werden die Zuschüsse um 1/3 gekürzt.

Dem Verein Frauenberatungsstelle Lörrach wird für die Basisberatung die Dynamisierung (Gehaltsanpassung nach TVöD) verweigert, die Mittel um 10% gekürzt, für das Präventionsprojekt „Mut tut gut“ wird die Förderung in Höhe von 48.000 € komplett gestrichen (soll von einer Stiftung übernommen werden …) – auch hier wissen wir, dass Frauen unter den Maßnahmen mehr leiden als Männer und oft Gewalt und Missbrauch ausgesetzt wird – aber bei der präventiven Beratung wird gekürzt statt aufgestockt.

Für notwendige Arbeiten im Vor- und Umfeld der Pflege werden der Caritas, der Diakonie, dem Mühlenhof, der Sozialstation Pflegepool etc. die Mittel um 1/3 gekürzt.

Besonders treffen die Kürzungen die Träger der Suchthilfe, auch wenn die Mittel jetzt nur um 5% statt um 10% gekürzt werden. Mit ihnen war (schon unter meiner aktiven Mitwirkung als grüner Kreisrat in der vorletzten Legislaturperiode) eine kontinuierliche und dauerhafte, an TVöD angelehnte Finanzierung vereinbart, die erst die Grundlage bietet für die Einstellung von qualifizierten Mitarbeitern. So wurde ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut – dies wurde jetzt zerschlagen. Die Kürzungen werden unmittelbare Auswirkungen auf die Betreuung der Betroffenen haben, wobei zu erwarten ist, dass die Anzahl der Betroffenen eher ansteigt als sinkt.

Da fragt man sich: Wofür braucht es eine SPD, wenn sie solchen Beschlüssen zustimmt? Was bewirken Einsparungen von 600.000 € bei einem Gesamthaushalt von 300 Millionen, bei dem viele Punkte unsicher sind – und ob nun am Ende ein Minus von 2,4 oder 3 Millionen steht, ist auch nicht mehr ausschlaggebend, vor allem weil der Kreis durch den Neubau des Klinikums eh bald in der Höhe eines Jahreshaushaltes verschuldet sein wird.

3 Antworten auf „Die verlogene Solidarität der SPD und ein Tumult im Kreistag“

  1. Haben Sie vielen herzlichen Dank das Sie sich so für uns unsere Freiheit Demokratie einsetzen!!

    Ich hab sie schon oft auf Rieden gehört und bin auch in der Eltern stehen auf Gruppe!

    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft Durchhaltevermögen und sage 1000 Dank im Namen vieler Mütter

    Claudia Schüler

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