Kommentar zur Landtagswahl

Baden-Württemberg hat gewählt. Auch wenn sie nominell knapp 40.000 Stimmen verloren haben, wurden die Grünen durch die niedrige Wahlbeteiligung um 2,3% gestärkt. Über eine halbe Millionen Menschen sind dieses Jahr weniger zur Wahl gegangen als bei der letzten Landtagswahl. Die „Partei der Nichtwähler“ wäre mit 36,2% noch wesentlich „erfolgreicher“ als die Grünen. Ein trauriges Kapitel für eine angeblich demokratische Gesellschaft.

Die (wenigen) Wählerinnen und Wähler haben eine grün-schwarze Regierung bestätigt. Eine Regierung, die dafür steht, bürgerfern ihre ideologischen Vorstellungen durchzusetzen. Ein Regieren mit Zuckerbrot und Peitsche. Diejenigen, die das Zuckerbrot bekommen, weil sie der Ideologie folgen und deren Vorgaben und Vorschriften umsetzen, sind zufrieden. Den anderen droht die Peitsche. Dies gilt es erstmal zu akzeptieren.

Der Regierungswechsel von 10 Jahren weckte Hoffnungen auf mehr Demokratie und Mitbestimmung. Diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Der von vielen erhoffte und ersehnt Umschwung, das Aufbrechen der verkrusteten Strukturen, fand nicht statt. Dort, wo Strukturen aufgebrochen und verändert wurden, haben sich neue und ebenso undurchlässige Machtkonzentrationen gebildet, die sich kaum mehr im Inhalt, sondern nur in der Farbe unterscheiden. Diese Machtstrukturen wurden durch das Wahlergebnis vom 14.3.2021 noch verfestigt – viele werden dies erst realisieren, wenn diese Machtstrukturen auch ihr eigenes Leben signifikant betreffen.

So sind beispielsweise die Versprechungen, mehr direkte Demokratie zuzulassen, reine Papiertiger geblieben. Zwar wurde 2015 die Landesverfassung geändert und die Hürde für Volksabstimmungen gesenkt, doch enthalten die Regelungen noch viele Fehler, die die reale Durchführung der direktdemokratischen Mitbestimmung sehr erschweren. Auch wurde aus dem Verlauf der Volksabstimmung zu Stuttgart21 nichts gelernt. Während die Bewegung der Menschen, die sich gegen dieses unsägliche Immobilienprojekt mit tiefergelegtem, da störenden Bahnhof wendeten, vor allem aus versteuertem Privatvermögen finanziert wurde, erhielt die Kampagne der S21-Befürworter vielen Millionen €, teilweise indirekt aus Steuermitteln, aber auch aus der Industrie und von den beteiligten Konzernen. Mit durch das Ländle tourenden Info-Bussen, Hochglanzbroschüren und Animationsvideos wurde eine heile Tunnelwelt vorgegaukelt und die geologischen und technischen, bis heute nicht gelösten Probleme wurden unter den Teppich gekehrt. Das Ergebnis ist bekannt, die Region Stuttgart und mit ihr ganz Baden-Württemberg wird mindestens ein Jahrhundert daran leiden. Da die Grünen die direkte Demokratie aus ihrem Parteiprogramm gestrichen haben, wird sich hier in den nächsten 4 Jahren in Baden-Württemberg auch nichts mehr ändern.

Auch eine weitere Lücke in der direkten Demokratie wurde nicht geschlossen: Baden-Württemberg ist eines der wenigen Bundesländer, in denen Volksbegehren und -abstimmungen auf Landkreisebene nicht möglich sind. Dies macht es den in Baden-Württemberg lebenden Menschen unmöglich, über die auf Kreisebene zu beschließenden Lebensbereiche – z.B. Soziales, berufliche Schulen, öffentlicher Nahverkehr etc. – selbst zu entscheiden, es sei denn sie leben in den großen Städten, in denen Gemeinde- und Kreisebene vereint sind. Auch Landräte können nicht direkt von den Bürgern gewählt werden, sondern werden von den Kreisräten auserkoren.

Von der von den Grünen anfänglich lautstark geforderten Freiheit und Gleichberechtigung im Bildungswesen ist leider auch nichts mehr zu spüren. Sie kann als weiterer Papiertiger in die Geschichte eingehen, denn Schule und Bildung war den Grünen so unwichtig, dass sie diese Ministerien immer dem Koalitionspartner überlassen haben – die Folge waren immer neue Bildungsreformen, die vor allem Verwirrung und Chaos stifteten, nicht aber die versprochene Freiheit und Selbstbestimmung. Spannend wird sein, ob die Grünen die Bildung weiterhin dem wahrscheinlichen Koaltionspartner CDU überlassen werden …

Stattdessen werden gegen jede Vernunft hektarweise Wälder gerodet um auf Bergrücken im Schwarzwald und anderen Naturregionen industrielle Windparks zu errichten – und das offensichtlich ohne Berücksichtigung des mit viel Aufwand erstellten Windenergieatlasses, aus dem zu ersehen ist dass der zu erwartende Ertrag nur dann wirtschaftlich ist, wenn die den Strompreis stark belastenden Umlagen nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz den Investoren die Rendite sichern. Die Menschen vor Ort, deren Lebensumfeld zerstört wird, können darüber nicht mitentscheiden. Dies wird sich jetzt leider fortsetzen, viele Hektar Fläche werden unwiederbringlich versiegelt werden.

Und sogar im ureigensten Bereich der Grünen, in der Landwirtschaft, hinkt Baden-Württemberg hinterher. So gehört es zu den sieben Bundesländern, die eine „Notfallzulassung“ für das wegen seiner Bienengiftigkeit in der EU verbotene Neonicotinoid Thiamethoxam erlassen haben. Die Menschen, die in der Nähe der 12.000 ha Rübenacker leben, auf dem jetzt bienengiftiges Saatgut ausgebracht wurde, werden weder informiert noch beteiligt.

Mit dem Wahlergebnis werden diese bedauerlichen Zustände zementiert. Doch auch dies ist Demokratie, die es zu akzeptieren gilt. Auch wenn das Wahlergebnis auch auf einseitiger Medienberichterstattung beruht.

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